Interview mit Dr. Michael Peschl, Harms& Wende GmbH und Dr. Johannes Maurath, OBE GmbH & Co KG /MIMplusMit EU-Förderung Risiken minimieren - zwei Unternehmer im Interview

4. Januar 2023

Zwei Unternehmen aus Baden-Württemberg sind den Weg der EU-Förderung erfolgreich mit dem Steinbeis Europa Zentrum gegangen: die Harms& Wende GmbH mit Sitz in Hamburg und Karlsruhe und die OBE GmbH & Co KG /MIMplus in Ispringen.

Das Beispiel von Harms & Wende zeigt, wie ein KMU mit Fokus Widerstands- und Reibschweißtechnik zirkuläre Wirtschaftsstrategien für die zukünftige Produktion entwickelt und heute die Kreislaufwirtschaft in der industriellen Fertigung vorantreibt.

Das Beispiel OBE/ MIMplus zeigt, wie ein traditionelles Familien-Unternehmen und führender Hersteller von Komponenten und Baugruppen für die Medizintechnik-, Luftfahrt-, Automobil-, Luxus- und Brillenindustrie komplett neue Herausforderungen zum Recyclen von selten-Erdmagneten meistert und innovative Herstellverfahren für Permanentmagnete entwickelt.

Das Steinbeis Europa Zentrum war im Gespräch mit den beiden Unternehmen und hat sie zu den Erfahrungen in ihren EU-Projekten befragt. Es antworten Dr. Michael Peschl, Harms& Wende GmbH und Dr. Johannes Maurath, OBE GmbH & Co KG /MIMplus.

Wie schätzen Sie das Risiko ein – im Hinblick auf den Verlust an Wissen und das Teilen von Ergebnissen - für das Unternehmen entscheidende Entwicklungen im Verbund mit europäischen Partnern durchzuführen und nicht allein?

Michael Peschl:

Das Risiko hängt stark von den Interessen innerhalb des Konsortiums ab. Es ist sehr wichtig, schon bei der Antragsphase darauf zu achten, dass das Konsortium komplementär und nicht konkurrierend zusammengestellt wird. Außerdem sollten die späteren Verwertungsrechte geklärt und die damit verbundenen Vereinbarungen rechtzeitig in einem Konsortialvertrag festgehalten werden. Sofern diese grundlegenden Prinzipen eingehalten werden, schätzen wir das Risiko im Vergleich zu den vielen Vorteilen einer Kooperation, als gering ein.

Johannes Maurath:

Selbstverständlich ist der erste Gedanke bei einer solchen Kooperation mit anderen Unternehmen, Forschungseinrichtungen, aber manchmal auch mit Wettbewerbern zunächst der Gedanke an den Verlust von Wissen, da ein sehr enger Austausch gefordert und auch notwendig ist, um die großen gemeinsamen Ziele erfolgreich zu meistern. Jedoch ist der gegenseitige Austausch ein immenser Vorteil für das Projekt und die dabei entwickelten neuen Technologien, aber auch für das Unternehmen selbst. Denkt man an die Schwierigkeit Seltene Erden in Europa zu recyceln, so erscheint es unrealistisch, dies als Einzelunternehmen im Mittelstand zu stemmen – als internationales Konsortium erscheint dies jedoch möglich, und man kann so gemeinsam neue Technologien entwickeln und neue Märkte gewinnen.

Wie sehr entlastet die EU-Projektförderung die eigenen Risiken, insbesondere in Bezug auf die Finanzierung?

Michael Peschl:

Bei der Antragsstellung und bei der späteren Projektdurchführung ist darauf zu achten, dass die Projektinhalte mit den Unternehmenszielen in Einklang stehen. Forschung nur zum Selbstzweck oder wegen der Fördergelder ist nicht zielführend. Reihen sich aber die Projektziele in die strategische Agenda des Unternehmens ein, dann ist die EU-Projektförderung eine hervorragende Unterstützung, um das technische und wirtschaftliche Risiko erheblich zu reduzieren.

Johannes Maurath:

Ohne die Förderung der EU hätten wir als Mittelständler solch bahnbrechende Technologien im Hause nicht entwickeln und finanzieren können. Die Förderung ist eine riesige Unterstützung, die absolut wichtig ist, um Technologien voranzubringen. Es steckt in den Projekten auch ein recht umfangreicher Verwaltungsaufwand, welcher sich jedoch rechnet, wenn man die Chancen betrachtet, die mit Hilfe der Projekte ermöglicht werden. Durch die Zusammenarbeit mit dem Steinbeis Europa Zentrum als Partner in den Projekten, waren auch die Punkte in der Verwaltung zu meistern und Fragen zu schwierigen Sachverhalten konnten schnell geklärt werden.

Was empfehlen Sie anderen Unternehmen, und warum denken Sie, scheuen so viele den Weg zur EU?

Michael Peschl:

Es gib eine Vielzahl von EU-Förderprogrammen und damit verbundenen Regularien. Der Einstieg in die Förderlandschaft der EU ist deshalb für ein Unternehmen auf den ersten Blick relativ schwierig. Möglicherweise sind auch die zu erwartenden administrativen Aufgaben während der Projektphase ein Grund, den Einstieg nicht zu wagen. Allerdings sind diese Hürden auch bei nationalen Förderprogrammen präsent. EU-Förderprogramme sind meiner Erfahrung nach sogar etwas einfacher und vor allem flexibler, wenn man den Einstieg gefunden hat. Es bietet sich deshalb an, eben diesen Einstieg zusammen mit einem erfahrenen Partner zu machen oder sich professionelle Unterstützung für die Begleitung der Antragsstellung zu holen.

Johannes Maurath:

Auch wenn der bürokratische Aufwand auf den ersten Blick hoch scheint und sicher viele Mittelständler an der Teilnahme solcher Projekte abschreckt, empfehlen wir jedem Unternehmen die EU-Förderung in Anspruch zu nehmen. Für den Erfolg wichtig ist ein ausgeglichenes Projektkonsortium aus Forschung und Industrie, das gemeinsam an einer innovativen Technologie arbeitet, die auch für das eigene Unternehmen vielversprechend ist. Dann sind die Möglichkeiten, die sich aus den Projekten und der Förderung ergeben auf jeden Fall lohnenswert.

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Anette Mack
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