InterviewIm Gespräch mit Marie-Eve Reinert - Leidenschaft für Innovation mit Wasserstoff

22. Juli 2024

Interview mit Marie-Eve Reinert  - Leidenschaft für Innovation mit Wasserstoff

Marie-Eve Reinert begleitet europäische Projekte mit Fokus Energie und Mobilität am Steinbeis Europa Zentrum. In den letzten Jahren konzentriert sie sich verstärkt auf Technologielösungen rund um den Wasserstoff. Marie-Eve ist überzeugt, dass Wasserstofftechnologien zukunftsfähig sind und gibt Einblicke in ihre Projektaktivitäten.

Marie-Eve, was waren Deine beruflichen Anfänge? Wie kamst Du zum Steinbeis Europa Zentrum?

Ich habe in Frankreich an der Hochschule für Chemie in Rennes Umwelt und Wasserchemie studiert, dort mein Ingenieurdiplom gemacht und im Anschluss an der Universität Strasbourg über Strömungsmechanik promoviert. Danach habe ich in der Forschung bei Electricité de France gearbeitet. Dort habe ich Erfahrungen in verschiedenen Aspekten des Energiesektors gesammelt, im Zusammenhang mit Schadstoffen und deren Auswirkungen auf die Umwelt. Später bin ich an das European Institute for Energy Research (EIFER) nach Karlsruhe gewechselt, wo ich als Projektleiterin im Bereich Stromerzeugung und Nachhaltigkeit tätig war. In diesem Rahmen habe ich mich mit wirtschaftlichen Aspekten, ökologischer Nachhaltigkeit und Governance befasst.

Seit 2017 arbeite ich als Senior Project Managerin am Steinbeis Europa Zentrum in Karlsruhe und wirke an europäischen Forschungsprojekten mit. Ich unterstütze Unternehmen und Forschungsinstitute, helfe bei der Suche nach Finanzierung für ihre Innovationsvorhaben und berate sie bei der Antragstellung. Ich arbeite auch in Projekten mit. Hier begleite ich das Projektkonsortium beim Innovationsmanagement und stelle sicher, dass die Forschungsergebnisse auch nach Projektende weiterentwickelt werden zu marktreifen Produkten oder Dienstleistungen.

Welche Innovationsthemen beschäftigen Dich aktuell?

Ich unterstütze im Namen des Steinbeis Europa Zentrums mehrere europäische Forschungsprojekte rund um den Wasserstoff. Zwei Themen sind hier von zentraler Bedeutung. Erstens die Speicherung und zweitens die Kompression von Wasserstoff. Beides sind kritische Komponenten bei der Anwendung von Wasserstofftechnologien.

Im Projekt COSMHYC DEMO zum Beispiel befassen sich die Projektpartner unter Koordination von  EIFER mit der Wasserstoffverdichtung, die bisher noch einen Engpass bei der Einführung der Wasserstoffmobilität darstellt. Eine innovative Kompressionslösung wird Anfang 2024 an einer neuen Wasserstofftankstelle im französischen Gemeindeverbund der Region Touraine Vallée de l’Indre getestet. Dies verspricht einen wichtigen Durchbruch für eine zuverlässigere und kosteneffizientere Infrastruktur. Von der Clean Hydrogen Partnership der Europäischen Kommission wurde der innovative Kompressor im Herbst 2023 für den Best Innovation Award nominiert. Das macht mich sehr stolz.

In einem weiteren EU-Projekt, an dem das Steinbeis Europa Zentrum mitwirkt, forscht das MOST-H2 Konsortium an innovativen Wasserstoffspeichertechnologien, bei denen monolithische Metall-Organische-Frameworks zum Einsatz kommen, um größere Mengen von Wasserstoff zu adsorbieren. Am Ende steht die Anwendungen in Brennstoffzellen-Zügen. Und im EU-Projekt H2GLASS geht es um den Einsatz von Wasserstoff in der Glasindustrie. Mit insgesamt 23 Partnern aus acht europäischen Ländern möchte das H2GLASS Konsortium hundertprozentige Wasserstoffverbrennung in Glasproduktionsanlagen realisieren und damit CO2-Emissionen und umweltschädliche Brenngase wie zum Beispiel Stickoxide vermeiden.

Was gefällt Dir an Deinem Job und warum hast Du Dich für die Beratungsperspektive entschieden?

Ich habe eine gute wissenschaftliche Basis und kenne die Bedarfe der Forscher, aber auch der Industrie. Daher kann ich am Steinbeis Europa Zentrum beide Seiten beraten. Ich spiele sozusagen die Rolle einer „Enablerin“. Es gefällt mir, wenn ich die Forschungsarbeiten begleiten kann und neue Perspektiven oder Fragestellungen einbringen kann. Es macht mir auch Freude, Menschen zu ermutigen und zu motivieren und ihnen Zugang zu Fördergeldern und Netzwerken zu ermöglichen. Besonders spannend ist, dass ich bei einer so wichtigen Schlüsseltechnologie wie Wasserstoff mitwirken kann, ein Bereich, der sich gerade sehr schnell entwickelt.

Zurück zum Wasserstoff: Welche Rolle spielt er in der Energiewende?

Aufgrund seiner vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten wird Wasserstoff als Kraftstoff, als Mittel zur Stromerzeugung durch Brennstoffzellen, als Brennstoff für die energieintensive Industrie und als Ausgangsstoff für verschiedene industrielle Prozesse verwendet. Daher ist Wasserstoff für viele verschiedene Anwendungen relevant, nicht nur für die Mobilität. Auch Industriebereiche, die sich schwer dekarbonisieren lassen, werden sehr davon profitieren. Außerdem ist grüner Wasserstoff auch als Rohstoff zur Verringerung der CO2-Emissionen relevant, da der größte Teil der Wasserstoffnachfrage aus der chemischen Industrie und von Raffineriebetreibern stammt.

Damit sich Wasserstoff als Energieträger im großen Maßstab durchsetzen kann, gibt es bisher noch einige Hürden. Auch die gesellschaftliche Akzeptanz spielt eine Rolle, denn manche Menschen haben noch Sicherheitsbedenken. Vertrauen schaffen ist zentral, damit sich die Technologie auf dem Markt durchsetzen kann. Aber zweifellos spielt der Wasserstoff eine Schlüsselrolle bei der Energiewende. Dies erfordert enorme Mengen an erneuerbarer Elektrizität, und dies zu konkurrenzfähigen Preisen. Da liegt die größte Herausforderung.

In welcher Form unterstützt Du auch andere Frauen im Bereich Wasserstofftechnologie?

Ich wirke häufig an internationalen Konferenzen mit und vernetze mich mit europäischen Partnern. Ich versuche immer auch andere Frauen mit spannenden Partnern und Netzen in Kontakt zu bringen, insbesondere junge Frauen. Zum Beispiel nehme ich an den Aktivitäten von Women in Green Hydrogen teil, einem europäischen Netzwerk engagierter Frauen, die im Bereich des grünen Wasserstoffs arbeiten.

Was rätst Du Frauen, die europäische Projekte mitgestalten wollen?

Ich wünsche Ihnen vor allem Mut. Seid mutig, nehmt Euch das Wort und lasst Euch nicht einschüchtern! Die Gesellschaft braucht die weibliche Perspektive. Und wir sollten nicht nur als Sprachrohr dienen, denn Kommunikation können wir bestens. Wir müssen auch unsere Meinung, unsere Ideen und Visionen einbringen. Darum geht es.

Das Interview erschien in ganzer Länge in der Zeitschrift INGENIE- Karrieremagazin für Frauen, 2024

Seite 52: 096-727_INGenie_2024 (fliphtml5.com)

Weitere Beiträge im Magazin:

 

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