Fokusthema Februar 2023Dekarbonisierung des Wärme- und Kältesektors

25. Januar 2023

Autorinnen: Lucia Hörner, Elke Weidenfelder und Charlotte Schlicke

Über eine mögliche Gasmangellage wurde in den letzten Monaten viel diskutiert, denn fossile Energieträger wie Kohle, Erdgas und Mineralöl sind noch immer die tragende Säule unserer Wärmeversorgung. Zwar steht die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energiequellen seit über einem Jahrzehnt mehr oder weniger weit oben auf der Agenda der Bundesregierung, doch der Wärme- und Kältesektor hat dabei bisher kaum eine Rolle gespielt.

Aus unserer Arbeit in EU-Projekten lernen wir, dass die Nutzung von Abwärme, saisonale Speicherung, Lebenszyklusbetrachtung, aber auch Genderaspekte in der Wärme- und Kältetechnik von zunehmender Bedeutung sind. Insbesondere in den Förderaufrufen in Horizont Europa für 2023 sind sie stark vertreten.

Die rasanten Energiepreiserhöhungen im vergangenen Jahr infolge des russischen Angriffskrieges in der Ukraine offenbaren unsere Abhängigkeit von Erdgas. Dies trifft uns als Gesellschaft besonders, denn noch immer dominiert Erdgas unsere Wärme- und Kälteversorgung. Auch bei der Erzeugung von Fern- und Nahwärme, die Gebäude über Rohrleitungen zentral mit Wärme aus lokalen Heizkraftwerken versorgen, gehören Erdgas, Stein- und Braunkohle nach wie vor zu den wichtigsten Energiequellen. Gemessen am deutschen Endenergieverbrauch entfallen über 50% auf die Wärme- und Kälteversorgung, konkret auf Raumwärme, Prozesswärme, Warmwasser und Kälteerzeugung. (Quelle: Energieverbrauch für fossile und erneuerbare Wärme | Umweltbundesamt)

Aktuell beläuft sich der Einsatz von erneuerbaren Energiequellen in der Wärmeerzeugung auf 16,2% (Stand 2021). (Quelle: Erneuerbare Energien in Zahlen | Umweltbundesamt) Mit knapp drei Vierteln macht Biomasse, beispielsweise Holzhackschnitzel, dabei den größten Anteil aus; daneben wird erneuerbare Wärme auch durch Solarthermie, Geothermie und Umgebungswärme erzeugt. Während die Stromgewinnung aus erneuerbaren Energiequellen zunimmt, verharrt die erneuerbare Wärmeerzeugung auf einem niedrigen Niveau. Dies liegt vor allem daran, dass sich die Verfügbarkeit erneuerbarer Wärme nur eingeschränkt an den zeitlich gebundenen Wärmebedarf anpassen lässt.

Durch die hohe Nachfrage nach Wärme- und Kälte spielt der Sektor für die Europäische Kommission eine entscheidende Rolle bei der Reduzierung von Emissionen und ihrem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu wirtschaften. Die Umwandlungsprozesse unterschiedlicher erneuerbarer Energiequellen in Wärme sind schnell und kostengünstig, wodurch sich vielfältige Potenziale für die Nutzung sowie für die Integration von Abwärme ergeben. Vielversprechende Ansätze bietet auch die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr, wodurch ein Überangebot an Strom aus Wind- oder Solarenergie in klimafreundliche Wärme umgewandelt werden kann.

Das Steinbeis Europa Zentrum ist aktuell in zwei EU-Projekten zur Einspeisung erneuerbarer Energien in Fernwärme- und Kältenetze aktiv.

Projekt RESTORE

Das Projekt RESTORE widmet sich den zentralen Herausforderungen beim Einsatz erneuerbarer Energieträger in Fernwärme- und Kältenetzen. Das Hauptziel des Projekts besteht in der Entwicklung einer technischen Lösung, mit der der Versorgungsanteil durch unterschiedliche erneuerbare Energiequellen (EE) und Abwärme in Fernwärmenetzen erhöht werden kann. Dafür wird ein auf zwei innovativen Schlüsseltechnologien basierender Ansatz verfolgt:

  • Der thermochemischen Energiespeicherung (TCES) kombiniert mit
  • dem reversiblem Organic Rankine Cycle (rORC)-Prozess bestehend aus Wärmepumpe (WP) und ORC.

Durch die innovative Kombination des rORC-Prozesses mit der TCES lässt sich die Herausforderung der zeitlichen Diskrepanz zwischen verfügbarer Wärme aus erneuerbaren Energiequellen bzw. Abwärme und benötigter Wärme- bzw. Kälte in bestehenden Fernwärmenetzen überwinden. Dadurch lässt sich die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Energieversorgung erhöhen. In RESTORE wird somit eine bahnbrechende thermische Energiespeichertechnologie zur Dekarbonisierung des Fernwärme-Sektors entwickelt, mit der sich sommerliche Wärme aus erneuerbaren Energiequellen und Abwärmeüberschüsse für die wettbewerbsfähige Wärmebereitstellung im Winter nutzen lassen.

Anhand von sechs virtuellen Fallbeispielen werden mögliche Anwendungen der RESTORE-Technologie an mehreren Standorten in Europa analysiert. Dabei kommen unterschiedliche erneuerbare Energieträger wie Biomasse, Solar- und Geothermie zum Einsatz. Mittels Fernwärme versorgen sie in den virtuellen Beispielen eine Zementfabrik, Papierfabrik, Stahlfabrik und einen Universitätscampus.

Mehr über RESTORE erfahren:

Auf erneuerbaren Energien basierende Speichertechnologie für Fernwärme- und Fernkältenetze (Restore) - Steinbeis DE (steinbeis-europa.de)

Projekt W4RES

Frauen haben ein großes Potenzial, um die Energiewende voranzutreiben und dem Erreichen der Klima- und Energieziele der EU für 2030 näher zu kommen. Genau hier setzt das Projekt W4RES an und hat als Hauptziel, Frauen bei der Einführung erneuerbarer Energien im Bereich der Wärme- und Kälteerzeugung zu unterstützen. Regionale Besonderheiten und Rahmenbedingungen in acht verschiedenen Märkten in Europa werden analysiert, und Hindernisse bewertet. Ergebnisse aus Fallstudien zu geschlechtsspezifischen Fragestellungen wurden genutzt, um eine Reihe an flexiblen und kosteneffizienten Unterstützungsmaßnahmen mit hohem Wiederverwendungspotenzial anzubieten. Es wird technische sowie unternehmensfördernde Unterstützung angeboten bspw. um den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Projektentwicklung zu verringern und rechtliche, institutionelle und finanzielle Herausforderungen zu umgehen bzw. abzumildern.

Das Steinbeis Europa Zentrum bringt machbare und nachhaltige Geschäftsmodelle auf den Weg, die für den Markt geeignet sind. Parallel dazu befähigen wir Entscheidungsträger:innen in ihren Regionen, eine Gender-Perspektive in ihre Projekte und Politiken einzubringen, um die Akzeptanz zu erhöhen und gleichzeitig das Bewusstsein für die Nachfrage nach Kälte- und Wärmetechnik zu fördern. Zum Ende des Projektes wird es einen Replikationsleitfaden und ein Toolkit mit der Zusammenfassung der Erkenntnisse geben.

Das Steinbeis Europa Zentrum unterstützt ca. 65 von Frauen geleitete Projekte für erneuerbare Wärme- und Kälteerzeugung bei der Förderung der Marktfähigkeit der Lösungen. Es koordiniert die Auswahl der Projekte und die Kommunikation über sogenannte Regional Hub Manager. Konkret werden die Projekte in Sachen Geschäftsplanung, Zugang zu Finanzierung, Vernetzung und Mentoring unterstützt. Es übernimmt auch die Evaluierung und Validierung der Maßnahmen zu Marktfähigkeit und Marktakzeptanz.

Mehr über W4RES erfahren: Rückenwind für erneuerbare Energien im Wärme- und Kältemarkt durch mehr Frauenbeteiligung (W4RES) - Steinbeis DE (steinbeis-europa.de)

Europäische Fördermöglichkeiten

Die Möglichkeiten der EU-Förderung für Vorhaben rund um die Entwicklung und Nutzung von Fernwärme- und Kältetechnik sind vielfältig. Wie das Projekt W4RES zeigt, spielen dabei auch gesellschaftsrelevante Themen zunehmend eine Rolle. Den Kern der Fördermöglichkeiten im Bereich Forschungs- und Innovation bildet das Programm Horizont Europa. Im aktuellen Arbeitsprogramm finden sich viele spannende Ausschreibungen

Fördermittel beantragen | EU, Bund, Länder - Steinbeis DE (steinbeis-europa.de)

Steinbeis Europa Zentrum unterstützt Antragstellung und Projektumsetzung

Möchten Sie Ihre Projekte im Bereich Wärme- und Kältetechnik voranbringen? Kontaktieren Sie uns gerne für ein persönliches Gespräch oder schauen Sie in unser Leistungsangebot. Das Steinbeis Europa Zentrum begleitet Sie bei der Suche nach dem passenden Förderprogramm und der Antragstellung. Wir prüfen Ihre Idee auf Förderfähigkeit, konzipieren, formulieren und managen Ihre Innovationsprojekte. Wir suchen nach geeigneten internationalen Partnern und sorgen für einen wirkungsvollen Transfer in den Markt. Gemeinsam führen wir Ihr Projekt zum Erfolg.

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